Der Satz hat mich geschockt. So unvermittelt, aus dem Nichts. Mein heißgeliebtes Zul’Gurub.
Mittlerweile macht es mir Blizzard immer leichter, Abstand von WoW zu bekommen. Zumal ich derzeit viele andere schöne Spiele spiele. Hauptsächlich Star Trek Online und Aion, wer es wissen will. Aber auch Champions Online hat es mir angetan. Irgendwie ein nicht gerade tiefgängiges Spiel, aber umso spaßiger.
Ists ein Vogel? Ists ein Flugzeug? Nein, es ist SUPERKENG!
Hey, Keng, die Rieseninsekten haben die Stadt fast eingenommen! Sie haben die Ordnungskräfte ausgeschaltet und breiten sich nun von allen taktisch wichtigen Punkten aus. Wir sind verloren! WIR BRAUCHEN EINEN HELDEN!
YEAY! Da bin ich! Lasst sie meinen Flammenatem spüren!
Das ist was für mich. So wunderschön übertrieben, so fern jeder Realität. Warum habe ich früher Superman-Comics verschlungen? Spider-Man? Batman? Die Fantastischen Vier und und und. Sonderbände, Taschenbücher… mit Sicherheit nicht, weil es sonderlich realistisch war. Sondern weil es einfach pure Unterhaltung war!
Apropos realistisch: Es soll ja manche geben, die halten es für unerhört, dass ein Spiel über Superhelden Comic-Grafik hat. In der Tat, vielleicht wird man damit an Beschwerdestellen gehört, bei denen man monieren kann, dass Wasser nass, Schimmel weiß und Non-MMOs als Non-MMOs propagiert werden. Sind wir nicht alle ein bisschen Bluna?
Wenn man sich Champions Online anschaut, möchte man fast kaum glauben, dass es das gleiche Programm ist wie Star Trek Online. Natürlich andere Models, andere Skripte, andere Spielmechanik, aber exakt das gleiche Programm. Übrigens genauso wie Supar Mario 64 und Zelda: Ocarina of Time. Aber ich komme schon wieder vom Thema ab.
Zul’Gurub. Damals eingeführt, um Leute, die erst später zum Spiel kamen, bzw. die nicht an einem 40er Raid teilnehmen wollten oder konnten, oder die warum auch immer in der Ausrüstung zurücklagen, auf BWL-Niveau aufschließen zu lassen. Oder, und das war es für mich: Spaß. Purer Spaß. Mit den Leuten aus meinem 40er-Raid, die ich am besten leiden konnte, und ein paar weiteren „Bekannten“, die nicht aus dem Raid kamen, ging es regelmäßig dort hinein.
Sehr knackig, sehr spannend. Das Gear aus dieser Instanz habe ich eigentlich nicht wirklich gebraucht. Das ein oder andere Teil hatte ich mal kurzzeitig an, aber wegen Gear bin ich da mit Sicherheit nicht hinein. So wie auf diesem uralten Screenshot, den ich wehmütig beim Stöbern gerade gefunden habe:
Ich weiß es noch genau, als wäre es letzte Woche gewesen. Es war Samstags morgens zwischen 4 und 8. Leider kann ich den exakten Zeitpunkt nicht mehr sagen, denn ich… äh… wir alle waren verdammt gut dabei. Wie man an Drago sieht, war es die Zeit von Ahn’Qiraj, also keine Notwendigkeit, sein Gear in Zul’Gurub aufzubessern, also wurde das hauptsächlich zu einem Twinkrun.
Es war glaube ich einer der längsten Zul’Gurub-Runs, die ich je mitgemacht habe, aber ich hatte Spaß. Eine Menge Spaß.
Und ich gehe auch heute noch gerne in die Instanz. Retro-Runs mögen die einen sagen, aber mir gefällt es einfach. Sie hat Flair, sie hat schöne Musik, sie hat viele versteckte Goodies.
Ich denke, das letzte Mal so viel Spaß mit einer Instanz hatte ich in Zul’Aman und Karazhan. Keine einzige Instanz im Lich King konnte mich auch nur ansatzweise so überzeugen.
Und Zul’Gurub soll nun verschwinden.
Wieso?
Wer mir jetzt mit „passt nicht mehr in die Lore“ kommt, disqualifiziert sich selbst. „Die Lore“ ist für Cataclysm sowieso völlig neu gestrickt, und das offensichtlich mit einer heißen Nadel. Es kann mir keiner erzählen, dass man es nicht irgendwie konform hinbekommen hätte, es als Raidinstanz zu erhalten. Vielleicht kommt es zum offenen Gebiet hinzu, vielleicht als 5er Instanz. Im letzteren Fall hätten wir dann den Naxxramas Effekt: Was mal knackig und schwer war, wird nicht in seiner Originalheit behalten sondern durch den Weichspüler geschickt.
In der Liste der „Instanzen, die ich nicht mehr sehen will“ ist Naxxramas Lich King direkt auf Platz 2 hinter dem Colosseum des gelangweilten Kreuzfahrers / -züglers, was auch immer. Erstaunlicherweise nicht Classic Naxxramas, da konnte ich immer wieder reingehen, selbst overgeared. Es hatte einfach ein anderes Flair, ein anderes Balancing. Und manche Bosse, die man schon auf Level 60 besiegen sollte, konnten noch problemlos einen Level-70-Raid dem Erdboden gleichmachen. Genauso, wie auch heute noch die Twins in AQ40 einen Raid mit 40 80ern vor eine unlösbare Aufgabe stellen können.
Und was war dieses Naxxramas im LichKing? 2-4 Stunden absitzen mit dem einzig wahren Kampf: Nicht einschlafen!
Warum behält man es nicht einfach? Das Lore-Argument ist doch sowieso hinfällig. Ist denn das Dungeon-Tool RP-kompatibel? Wie habe ich mir das vorzustellen? Ich sitze in Dalaran, ziehe eine Nummer wie auf dem Einwohnermeldeamt, und werde dann irgendwann aufgerufen und hinteleportiert? Das ist nun wirklich nicht rollenspielkonform. Was spricht hier dagegen, die alten Versionen wie eine „Map“ aufrufbar zu lassen?
Meine Power-Raid-Zeit ist vorbei, denke ich. Ich hatte mal erreicht, was ich erreichen wollte, irgendwo fast ganz oben mitzuspielen. Checked, done. Nein, es ist nicht so, wie man sich das vorstellt. Wie man immer Horrormärchen erzählt. Klar ist es zeitintensiv, aber ist es nicht das auch, was ich jetzt seit 1,5 Jahren mache: 3-5 Mal Sport die Woche? Ob ich so oft raide oder Sport mache ist nur der körperliche Unterschied. Aber nerdig ist in der Intensität beides. Wie man jedes Hobby intensivieren kann, und ich schon immer dazu geneigt habe. Aber das weiß ich. Daher würde ich mein Power-Raiden auch noch durchaus als absolut sozialverträglich bezeichnen. Vielleicht thematisiere ich das mal auf Leenio, wenn das jemand interessiert. Obwohl, wir behandeln dort ja auch Sachen, die keinen interessieren. Oder zumindest keinen, der es zugeben will *sic*
Und als Ausgleich neben dem Powerraiden kam damals Zul’Gurub, AQ20, Karazhan und Zul’Aman gerade richtig. Das war Spaß und Abwechselung mit Freunden, und das war auch noch später immer wieder ein schönes Retro-Erlebnis. Und diese Aufgabe erfüllen mit Sicherheit keine Instanzen in drölfzig Schwierigkeits- und Gruppengrößenvarianten.
Warum packt man heutzutage immer wieder mal Retro-Games aus, um sie zu spielen? Zum Spaß. Um nochmal das Feeling von damals zu erleben. Natürlich ist es nicht ganz das gleiche, aber man fühlt sich doch wieder zurückversetzt, und es macht immer noch Spaß.
Alles in Allem wird immer mehr von dem entfernt, was WoW lange Zeit für mich zu „dem“ Spiel gemacht hat. Von Prequests über Dinge, die man sich wirklich erarbeiten muss bis hin zu Dingen, die einfach nur „Spaß“ machen, eine Vokabel, die ich bewusst in diesem Text überstrapaziert habe.
Spaß. Ich will Spaß haben, wenn ich spiele.
Muss man mir jetzt etwas, was mir Spaß macht, wegnehmen? Warum nicht einfach drin lassen? Ist das so viel verlangt?